Social Media ab 16? EU-Ausschuss verlangt härtere Regeln zum Schutz von Minderjährigen

Social Media ab 16? EU-Ausschuss verlangt härtere Regeln zum Schutz von Minderjährigen

Social Media ab 16? EU-Ausschuss verlangt härtere Regeln zum Schutz von Minderjährigen

Der Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz (IMCO) im Europäischen Parlament hat ein 26-seitiges Papier vorgelegt, das den Umgang mit Minderjährigen im Netz grundlegend verändern könnte. Kernforderung: ein einheitliches Mindesalter von 16 Jahren für die Nutzung sozialer Netzwerke, Videoplattformen und sogenannter „AI Companions“. Mit Zustimmung der Eltern könnte die Schwelle auf 13 Jahre abgesenkt werden.

Was genau vorgeschlagen wird

Die Vorschläge decken eine ganze Bandbreite ab: von technischen Alterschecks über die Gestaltung von Plattformen bis hin zur persönlichen Haftung von Verantwortlichen. Die wichtigsten Punkte im Überblick:

  • Einheitliches Mindestalter: 16 Jahre – optional 13 Jahre bei elterlicher Einwilligung.
  • Alterskontrollen: Nutzung datenschutzfreundlicher Verfahren, etwa Zero-Knowledge-Proofs in Kombination mit der geplanten EUDI-Wallet.
  • Safe by design: Plattformen sollen Methoden entfernen, die besonders süchtig machen oder sich stark an Minderjährige richten.
  • Verbot von Profiling: Keine Erstellung von Nutzerprofilen Minderjähriger zur Anpassung von Inhalten oder Werbung.
  • Glücksspiel-Mechaniken: Lootboxen und ähnliche Elemente in Spielen sollen für Kinder und Jugendliche verboten werden.
  • Haftung: Prüfung einer persönlichen Haftung von Führungskräften bei schweren oder wiederholten Verstößen.
  • Schutz von Kidfluencern: Einschränkungen bei der Monetarisierung von Inhalten minderjähriger Influencer durch Plattformen.

Wie realistisch ist die Umsetzung?

Vieles davon berührt bereits bestehende Regelwerke wie den Digital Services Act (DSA) oder die KI-Verordnung (AI Act). Allerdings sind diese Instrumente bislang eher auf Einzelfälle ausgelegt. Eine flächendeckende Altersgrenze würde vermutlich neue Rechtsakte erfordern. Die EU-Kommission wägt derzeit ab, welche Altersprüfungen in welchem Umfang verhältnismäßig sind.

Praktisch bleibt das Problem der Umgehung: VPNs, gefälschte Dokumente und absichtlich falsche Angaben lassen sich technisch nicht komplett verhindern. Zu rigide Prüfungen wiederum können zu Overblocking führen und Freiheitsrechte berühren. Deshalb fordert der Ausschuss, mögliche Auswirkungen auf Grundrechte genau zu prüfen und auf datenschutzfreundliche technische Lösungen zu setzen.

Chancen und Risiken – kurz zusammengefasst

Die vorgeschlagenen Technologien wie Zero-Knowledge-Proofs in Verbindung mit der EUDI-Wallet bieten eine Chance: Altersnachweise wären möglich, ohne dass die Identität offenbart werden muss. Vorausgesetzt, die Umsetzung ist sicher und transparent.

Auf der anderen Seite bleibt die Gefahr der Umgehung. Und: zu strikte Sperren können Jugendliche aus sozialen Räumen ausschließen. Die Balance zwischen Schutz und Teilhabe ist daher zentral.

Was bedeutet das für Unternehmen und Entwickler?

Unternehmen müssen sich auf Änderungen in Produktdesign und Compliance einstellen. Konkret heißt das:

  • Integrationen von „safe by design“-Prinzipien in die Produktentwicklung – also Gestaltung, die Suchtmechaniken reduziert.
  • Aufbau oder Ausbau von Altersverifikationsprozessen und regelmäßige Risikoanalysen.
  • Dokumentation von Compliance-Maßnahmen: interne Richtlinien, Audits und Nachweisbarkeit werden wichtiger, vor allem wenn Haftungsfragen auftauchen.

Ausblick und Zeitplan

Der Ausschuss verabschiedete die Entschließung mit Mehrheit; das Plenum soll voraussichtlich Ende November darüber abstimmen. Parallel befindet sich der sogenannte Digital Fairness Act noch in der Konsultationsphase mit einem Zielhorizont um 2026. Betreiber digitaler Dienste sollten die Debatte aufmerksam verfolgen und schon jetzt technische sowie organisatorische Vorbereitungen treffen.

Fazit – was Entscheider jetzt tun sollten

Die Vorschläge des IMCO-Ausschusses könnten eine spürbare Verschärfung des Jugendschutzes in der EU einläuten: höhere Altersgrenzen, datenschutzorientierte Altersprüfungen, Verbote riskanter Designelemente und strengere Haftungsregeln stehen im Raum. Mein Rat an Unternehmen: Nehmt das ernst, prüft eure Produkte und Geschäftsmodelle auf Jugendgefährdung und schafft nachvollziehbare Compliance‑Strukturen, bevor neue Regeln verpflichtend werden.

Werfen Sie außerdem einen Blick auf technische Alternativen zur Altersverifikation und denken Sie frühzeitig über transparente Kommunikationskonzepte mit Eltern und Jugendlichen nach – denn Regulierung allein löst das Problem nicht.